Wenn es um die Finanzierung von SaaS-Startups geht, kommt eine Vielzahl von Möglichkeiten in Frage: Zu den prominentesten gehören Bootstrapping, also die Finanzierung mit eigenem Kapital sowie Investments von Venture Capital Fonds oder Business Angels, also Wagniskapital (Venture Capital, abgekürzt VC). Eine weitere Option stellt Venture Debt dar - eine Methode, die sich in den USA bereits seit Jahren zu einer festen Größe im Finanzierungsmix vieler Startups etabliert hat. Es gibt aber auch hierzulande mittlerweile eine wachsende Anbieterlandschaft aus spezialisierten Debt-Fonds wie Kreos, Columbia Lake oder Claret Capital.
Doch was genau ist unter Venture Debt zu verstehen und wie steht diese Finanzierungsmethode im Vergleich zu re:cap-Finanzierungen da? Es lohnt sich, die Vor- und Nachteile zu kennen und zu begreifen, wie sich die Aufnahme von Venture Debt auf die Finanzierungsstrategie und die Unternehmensentwicklung auswirken kann.
Venture Debt: Was Startups wissen sollten
Venture Debt steht für Fremdkapital, das Startups durch Venture-Debt-Fonds zur Verfügung gestellt wird, und ähnelt grundsätzlich einem klassischen Bankkredit. Das macht die Sache interessant: Für Startups ist die Aufnahme eines Bankkredits in der Regel nämlich keine Option, weil sie dafür einen klar definierten Break-even-Point vorweisen müssen. Da ihnen jedoch Wachstum zunächst wichtiger ist als Rentabilität, ist die Gewinnschwelle normalerweise nur mittel- bis langfristig in den Plänen junger Startups. Zudem setzen Banken einer Kreditgewährung eine ausreichende Absicherung des Rückzahlungsanspruchs voraus. Junge Softwareunternehmen können jedoch selten auf werthaltige Vermögensgegenstände (zum Beispiel Immobilien) zurückgreifen, um sie dem Fremdkapitalgeber als Sicherheit für den Insolvenzfall anzubieten.
Doch auch nicht für alle Startups ist die Aufnahme von Venture Debt eine Option: Diese Finanzierungsmethode eignet sich in der Regel nicht für Unternehmen in sehr frühen Entwicklungsstadien, sondern nur für solche, die bereits erfolgreich eine oder mehrere Equity-Runden durchlaufen haben und bietet sich vor allem in Kombination oder kurz nach einer Equity-Runde an. Außerdem sollten Unternehmen, die Venture Debt in Anspruch nehmen, wachstums- und gewinnorientiert sein.
Ähnlich wie ein Bankdarlehen zahlen Startups Venture Debt in Raten zurück, der typische Zeitraum dafür beträgt drei bis vier Jahre. Zudem werden Zinsen, die im Schnitt deutlich höher sind als bei Bankdarlehen, fällig, als auch eine Vorauszahlung und Back End Fee, um den Deal möglich zu machen. Auch gibt es Venture Debt meist nicht ohne Auflagen und Zusatzbedingungen (Covenants), die sich von Fall zu Fall unterscheiden. Die Vergabe ist vor allem an die Erfüllung zahlreicher finanzieller Kennzahlen geknüpft. Außerdem können auch Anteilsbezugsrechte (Warrants) für den Venture-Debt-Geber Teil des Vertrags sein.
Vor- und Nachteile von Venture Debt
Venture Debt kann für SaaS-Startups eine hilfreiche Option sein, um ihren Runway zu verlängern und die Zeit bis zur nächsten VC-Finanzierungsrunde zu überbrücken. Diese Zeit kann das Unternehmen nutzen, um sich mithilfe des Fremdkapitals bestmöglich weiterzuentwickeln und zum Beispiel wichtige Meilensteine zu erreichen. Dann wiederum kann es mit einer besseren Bewertung in die nächste Finanzierungsrunde gehen. Ein Vorteil von Venture Debt ist, dass bei dieser Art der Finanzierung größere Volumen aufgenommen werden können, als dies mit Recurring Revenue Financing möglich ist. Auch die Zeitspanne, in der ein Venture Debt Darlehen zurückgezahlt werden muss, ist mit drei bis vier Jahren länger als im Fall einer Finanzierung mit Recurring Revenue Financing. Zudem gibt es oft eine interest-only Periode, in der nur die Venture Debt Zinsen zurückgezahlt werden.
Immer wieder heißt es, dass es sich bei Venture Debt um Fremdkapital handelt, bei dem Startups keine Anteile abgeben. Im Gegensatz zu Equity Financing behielten Startups, die Venture Debt aufnehmen, somit die volle Kontrolle über ihr Unternehmen, weil sie ihre Anteile nicht verwässern. Tatsächlich sichern sich jedoch viele Venture-Debt-Fonds sogenannte Warrants, also Optionsscheine, mit denen sie später Unternehmensanteile kaufen können. Sobald Warrants Teil des Vertrags sind, kommt es also doch zu Verwässerung. Manche Venture-Debt-Geber verlangen sogar einen Board-Sitz. Insofern gilt die Aussage “Keine Verwässerung und volle Kontrolle” im Falle von Venture Debt nur sehr eingeschränkt.
Finanzierungen durch Venture Debt bringen einige weitere Nachteile mit sich. Ähnlich wie im Fall von Equity Financing kann der Finanzierungsprozess mit Venture Debt sehr langwierig sein. Es nimmt meist mehrere Monate in Anspruch, bis das Startup über das eingeworbene Funding verfügen kann. Braucht ein Startup schnellen Zugang zu Kapital (zum Beispiel für die Übernahme eines anderen Unternehmens) ist das natürlich ein Problem.
Komplex ist auch die Vertragsgestaltung. Oft sind Teil eines Vertrags sogenannte Covenants, also Zusatzvereinbarungen, in denen Startups sich zum Beispiel dazu verpflichten, zu festgelegten Zeitpunkten bestimmte finanzielle Kennzahlen zu erreichen, während des Vertragszeitraumes kein weiteres Fremdkapital aufzunehmen oder Ähnliches. Das schränkt den Gestaltungsspielraum eines Unternehmens natürlich stark ein. Bei der Vertragsgestaltung empfiehlt es sich für Startups daher, erfahrene Berater:innen mit einzubeziehen und Vergleichsangebote verschiedener Venture-Debt-Geber einzuholen.
Ein weiterer Nachteil: Die Zinsen für Venture Debt sind in der Regel höher als bei traditionellen Bankkrediten und können bei 8-15 Prozent liegen – teils sogar höher. Der Zins ist jedoch fast der geringste Preistreiber bei solchen Finanzierungen. Tatsächliche Treiber der Effektivkosten sind die genannten Warrants und weitere Fees sowie rechtliche Kosten zur Umsetzung der Verträge.

So funktioniert eine re:cap-Finanzierung
Nicht nur Venture Debt oder Equity Financing kommen infrage, wenn Startups zusätzliches Kapital aufnehmen wollen. Eine dritte Option ist Recurring Revenue Financing (RRF). Bei einer RRF-Finanzierung erhalten Unternehmen mit SaaS-Geschäftsmodellen sofortigen Zugang zu Kapital, das sie gegen einen Teil ihrer zukünftigen jährlich wiederkehrenden Umsätze eintauschen. RRF-Finanzierungen sind nie verwässernd und Startups können innerhalb nur weniger Tage auf das Geld zugreifen. Wie im Fall von Venture Debt, lässt sich mithilfe einer re:cap-Finanzierung die Ausgangslage für eine künftige Finanzierungsrunde verbessern, indem durch Investitionen in Wachstumsinitiativen oder generell höhere Umsätze aufgrund einer zeitlich nach hinten verschobenen Equity-Runde eine bessere Bewertung erzielt werden kann. <br>Genau solche RRF-Finanzierungen bietet re:cap an: Mit re:cap wandeln SaaS-Unternehmen bis zu 60 Prozent ihres ARR unmittelbar in Kapital um.
Recurring Revenue Financing hat viele Vorteile gegenüber Venture Debt
Im Gegensatz zu Equity Financing, das für frühphasige Startups als Standard gilt, eignen sich sowohl Venture Debt als auch eine re:cap-Finanzierung am ehesten für Unternehmen, die bereits feste Umsätze erzielen. Doch wenn es darum geht, durch Investments in Marketing- und Sales-Aktivitäten sein Wachstum zu steigern oder möglichst schnell an Kapital zu kommen, um zum Beispiel ein anderes Unternehmen zu übernehmen, dann bietet eine Finanzierung mit re:cap einige Vorteile. Während durch eine re:cap-Finanzierung Unternehmensanteile grundsätzlich nicht verwässert werden, gilt das für Venture Debt nur eingeschränkt. Im Gegensatz zu Venture Debt kommen Unternehmen über eine Finanzierung durch re:cap zudem sehr kurzfristig an Kapital und müssen keine komplexen Auflagen erfüllen, die viel Zeit in Anspruch nehmen.