Sie verwandeln Fremdkapital in Eigenkapital und sorgen für eine schnelle Finanzierungslösung für Startups: Wandeldarlehen, auch Convertible Loans genannt. Was müssen junge Unternehmen über diese Finanzierungsart wissen?
Startups haben in verschiedenen Phasen Kapitalbedarf: zum Start, für weiteres Wachstum oder zwischen zwei Finanzierungsrunden. Allerdings sind Finanzierungen durch Venture-Capital-Fonds schwierig zu bekommen. Und auch bei Fremdkapital gibt es – je nach Instrument – gewisse Hürden.
In diesem Fall können Wandeldarlehen eine relevante Option werden. Sie sind eine Lösung, mit der sich Startups finanzieren und Geldgeber:innen eine Investition ohne Unternehmensbewertung ermöglichen.
In diesem Artikel erklären wir, was Wandeldarlehen sind, welche zentrale Rolle die Unternehmensbewertung dabei spielt, wie die Elemente eines Wandeldarlehensvertrags aussehen und was Gründer:innen vorab beachten müssen.

Was ist ein Wandeldarlehen?
Stellen wir uns ein Unternehmen in der Frühphase vor. Es hat keine bis wenig Umsätze, einen noch fehlenden Product-Market-Fit und kein erprobtes Geschäftsmodell – alles in allem eine geschäftliche Zukunft, die schwer einzuschätzen ist.
Aufgrund dieser Unsicherheiten lässt sich der Wert des Unternehmens nicht genau festlegen. Alles beruht auf positiven Aussichten auf die Zukunft. VCs und Business Angels, die sich mit Risikokapital beteiligen, an diesem Punkt zu gewinnen, ist langwierig.
Doch das Startup braucht Kapital. Seine Runway beträgt nur noch wenige Monate. Es braucht eine Überbrückung mit frischem Kapital bis zur nächsten Finanzierungsrunde.
Fremdkapital verwandelt sich in Eigenkapital
An diesem Punkt kann ein Wandeldarlehen als alternative Finanzierungsmöglichkeit ins Spiel kommen. Im Englischen nennt man es Convertible Loan. Wandeldarlehen sind Kredite, mit denen Startups Fremdkapital erhalten – allerdings mit einer Besonderheit.
Ein Wandeldarlehen räumt der Investorin das Recht ein, Fremdkapital zu einem späteren Zeitpunkt in Eigenkapital umzuwandeln. Das geschieht etwa bei der nächsten Finanzierungsrunde.
Startups erhalten schnell Kapital, Investor:innen mindern ihr Risiko
Startups erhalten so einen schnellen Kapitalzugang – wesentlich schneller als bei anderen Finanzierungsquellen. Sie nutzen ein Wandeldarlehen in der Regel für eine:
- Anschubfinanzierung: Um notwendige Investitionen zu tätigen und das Wachstum anzukurbeln.
- Brückenfinanzierung: Sie verlängern damit ihre Runway, um es bis zur nächsten Finanzierungsrunde zu schaffen und dann frisches Kapital einzusammeln.
Der schnelle Kapitalzugang ist jedoch mit Kapitalkosten verbunden. Anfänglich nehmen Startups Schulden auf. Sie müssen das Darlehen theoretisch zurückzahlen. Wenn die Schulden in Eigenkapital umgewandelt werden, erwerben die Investor:innen Unternehmensanteile zu einem deutlich niedrigeren Preis als neue Investor:innen. Dies führt zu einer höheren Verwässerung der Unternehmensanteile.
Auf der anderen Seite betreiben Investor:innen mit einem Convertible Loan eine Risikominderung. Denn im ersten Schritt vergeben sie Fremdkapital mit einer fixen Laufzeit, Zins- und Tilgungsraten. Das Risiko ist überschaubarer als bei einer Investition mit Eigenkapital. Aus dem Fremdkapital kann erst zu einem späteren Zeitpunkt Eigenkapital werden – je nachdem, ob die Wandlung als Recht oder Pflicht im Vertrag festgehalten wurde.

Die Eigenschaften von Wandeldarlehen
Wandeldarlehen sind schnell umsetzbar
Monatelange Analysen und Verhandlungen mit Investor:innen über die Bewertung eines Unternehmens? All das gibt es bei Wandeldarlehen nicht.
Die Beteiligten brauchen nur wenige Informationen, um zu einer Entscheidung zu kommen. Denn Wandeldarlehen sind oftmals ein Instrument, mit dem Bestandsinvestor:innen frisches Kapital zur Verfügung stellen. Sie kennen das Unternehmen und haben es bei ihrer ersten Investition bereits genau evaluiert.
Sind Startups mit Investor:innen über eine Finanzierung in Gesprächen, dann spielt die Unternehmensbewertung eine zentrale Rolle. Der Wert eines Anteils entscheidet darüber, wie viele Anteile ein Unternehmen abgeben muss (Verwässerung) und wie hoch die Summe ist, die Investor:innen in das Unternehmen stecken.
Beim Wandeldarlehen ist das nicht vorgesehen. Eine Unternehmensbewertung ist nicht Bestandteil der Verhandlungen. Die beteiligten Parteien warten die nächste Finanzierungsrunde ab, bei der sich die Investor:innen an der dort festgelegten Bewertung orientieren.
Das sorgt für einen schnelleren Prozess und macht Wandeldarlehen zu einem vergleichsweise schnell umsetzbaren Finanzinstrument.
Verträge sind leicht aufzusetzen
Zwei bis fünf Seiten: Mehr braucht es in der Regel nicht, um einen Wandeldarlehensvertrag aufzusetzen. Bei VC-Finanzierungsrunden können es durchaus bis zu 50 Seiten sein. Das wirkt sich positiv auf die Kosten eines Vertrags aus, da es keiner Anwälte oder einer notariellen Beurkundung bedarf.
Ein solcher Wandeldarlehensvertrag beinhaltet:
- Den Darlehensvertrag
- Informationen über den Ablauf der Wandlung
- Die Rechte der Investor:innen
- Die Regelungen bezüglich des Rangrücktritts
Insbesondere die Regeln zur Wandlung und den Investorenrechten sind zentrale Bestandteile dieses Vertrags. Auf die einzelnen Bestandteile gehen wir detailliert weiter unten ein.
Wandeldarlehen sind flexibel ausgestaltet
Tilgung am Ende der Laufzeit? Zinsfreie Zeit? Höhe des Conversion Discounts? Valuation Cap? Allesamt Inhalte, die sich flexibel ausgestalten lassen – je nach Anliegen der involvierten Akteure. Ein Wandeldarlehen ist flexibel. Die Interessen von Startups und Investor:innen können vergleichsweise schnell auf einen gemeinsamen Nenner gebracht werden.
Finanzierungssummen sind eher geringer
Die Vergabe von Millionenbeträgen ist bei Wandeldarlehen eher selten – zumindest in der Frühphase eines Startups. Hier sind Finanzierungssummen zwischen €100.000 und €500.000 Euro üblich. Aufgrund der unkomplizierten Ausgestaltung eines Vertrags können sich Startups auch mit mehreren Wandeldarlehen zu jeweils kleineren Beträgen finanzieren. Wandeldarlehen sind aber nicht nur für Early-Stage Unternehmen interessant, sondern auch für Startups in der Wachstumsphase.
Wandeldarlehen ist Fremd- und Eigenkapital
Ein Wandeldarlehen ist ein alternatives Finanzierungsinstrument. Es steht zwischen Fremd- und Eigenkapital und ordnet sich deshalb dem Mezzanin-Kapital zu. Banken behandeln es bilanziell als "eigenkapitalnah", was sich positiv auf die Kreditwürdigkeit auswirkt.
Die Vor- und Nachteile eines Wandeldarlehens
Die Vorteile von Wandeldarlehen
- Ihr Risiko lassen sich Wandeldarlehengeber:innen mit einem hohen Rabatt (20 bis 30%) auf die nächste Unternehmensbewertung vergüten.
- Flexible und unkomplizierte Vertragsgestaltung.
- Kaum Kosten bei der Vertragsgestaltung.
- Üblicherweise fallen Zinsen und Tilgung erst am Ende der Laufzeit an. Damit belasten sie den Cashflow des Startups nicht.
- Die Kreditlinie des Startups steigt, da Banken das Wandeldarlehen als "eigenkapitalnah" einstufen.
- Die Darlehensgeber:innen erhalten bis zur Wandlung keine Mitbestimmungsrechte am Unternehmen.
Die Nachteile von Wandeldarlehen
- Je nach Ausgestaltung des Vertrags kann ein Valuation Cap dafür sorgen, dass die Kapitalgeber:innen mehr Anteile zu einem noch günstigeren Preis erhalten.
- Ein Wandeldarlehen bedeutet nicht automatisch, dass sich Fremdkapital in Eigenkapital wandelt. Ist das nicht der Fall, muss ein Unternehmen sein Darlehen tilgen und Zinsen bezahlen.
- Wandeldarlehensgeber:innen sind eher als stille Gesellschafter zu betrachten – in den seltensten Fällen bringen sie ihr Know-how und Netzwerk in das Startup mit ein.
- Ihr Risiko lassen sich Wandeldarlehengeber:innen mit einem hohen Rabatt (20 bis 30%) auf die nächste Unternehmensbewertung vergüten.
Die Inhalte des Wandeldarlehensvertrag
Wie oben bereits beschrieben, lässt sich ein Wandeldarlehensvertrag vergleichsweise schnell aufsetzen. Hier sind seine wesentlichen Bestandteile:

Darlehensvertrag
Der Darlehensvertrag enthält Regelungen zur Kreditvergabe. Dazu gehören:
Zeitpunkt der Auszahlung
Erfolgt die Auszahlung des Kapitals auf einen Schlag?
Erfolgt die Auszahlung des Kapitals in Raten?
Ist die Auszahlung an Bedingungen (Milestones) geknüpft?
Laufzeit
Die Laufzeit eines Wandeldarlehenes ist eher kurzfristig und beträgt üblicherweise zwischen einem und drei Jahren.
Zinsen
Wie hoch sind die Zinsen?
Gibt es eine zinsfreie Zeit?
Tilgung
Wie hoch sind die Tilgungsraten?
Erfolgt die Tilgung regelmäßig (etwa monatlich) oder am Ende der Laufzeit?
Wandlung
Die Wandlung beschreibt die Bedingungen, zu denen sich Fremdkapital zu Eigenkapital beziehungsweise einer Unternehmensbeteiligung verwandelt.
Wesentliche Bestandteile sind:
- Handelt es sich um ein Wandlungsrecht oder eine Wandlungspflicht für die Investor:innen?
- Die Berechnungsformel für die Anteile, die die Investor:innen erhalten.
- Informationen zum Bewertungs-Discount und Valuation Cap.
- Eine Absicherung der Wandlung: Die Investor:innen stellen sicher, dass sie bei der Wandlung auch die entsprechenden Anteile erhalten. Dazu kann der Vertrag Verpflichtungen der Gesellschaft und sogar persönliche Verpflichtungen der Gründenden oder Geschäftsführung festhalten.
Investorenrechte
Die Investorenrechte regeln die Rechte der Investor:innen. Dazu gehören Mitsprache- oder Informationsrechte oder andere Vorrechte wie etwa Liquidation Preferences (Verteilung der Exit-Erlöse).
Rangrücktritt
Wandeldarlehen sind üblicherweise mit einem qualifizierten Rangrücktritt ausgestattet. Im Falle einer Insolvenz steht der Rückzahlungsanspruch der Investor:innen am Ende in der Schlange der Gläubiger:innen ("im Rang danach"). Denn ihre Forderungen werden als Eigenkapital behandelt und stellen damit keine Schuld der Gesellschaft gegenüber Dritten dar.
Der Prozess hinter der Wandlung
Der Umwandlung von Fremdkapital zu Eigenkapital gehen mehrere Schritte voraus. Diese sind:
Gesellschafterbeschluss zur Schließung eines Wandeldarlehensvertrags
Um einen Wandeldarlehensvertrag zu schließen, ist ein Gesellschafterbeschluss notwendig. Dafür benötigen die Geschäftsführer:innen eine einfache Mehrheit in der Gesellschafterversammlung.
Der Wandeldarlehensvertrag wird geschlossen
Durch die Zustimmung der Gesellschafterversammlung wird der Wandeldarlehensvertrag geschlossen. Das Startup erhält Kapital und das Darlehen tritt in Kraft.
Kapitalerhöhungsbeschluss
Zum Ende der Vertragslaufzeit haben die Investor:innen nun die Option, ihre Darlehen in Unternehmensanteile zu verwandeln. Dafür ist eine Kapitalerhöhung notwendig, da das Unternehmen zusätzlich neue Anteile ausgeben muss. Für diesen Beschluss braucht es innerhalb der Gesellschafterversammlung eine Zustimmung von 75%.
Die Umwandlung wird final vollzogen
Nach der Kapitalerhöhung werden aus den ehemaligen Investor:innen nun Gesellschafter:innen des Startups. Dabei kommen die Berechnungen zum Bewertungs-Discount und des Valuation Cap zum Tragen. Was sind die Mechanismen hinter diesen beiden Begriffen?
Bewertungs-Discount und Valuation Cap: Unterschiede und Berechnung
Der Bewertungs-Discount (Abschlag auf die Bewertung) bestimmt den Rabatt, den die Investor:innen auf die Anteile erhalten. Das bedeutet, dass sie bei der Finanzierungsrunde pro Anteil weniger bezahlen als die neuen Investor:innen. Dieser Rabatt beträgt in der Regel zwischen 20 und 30%.
Der Valuation Cap (Bewertungsobergrenze) ist die maximale Höhe der Unternehmensbewertung, bei der sich Fremdkapital in Eigenkapital umwandelt. Nehmen wir an, dass die Wandeldarlehensgeber:innen den Valuation Cap bei €5 Mio. festlegen. Das Startup erhält bei der nächsten Finanzierungsrunde allerdings eine Bewertung von €10 Mio. Die Wandeldarlehensgeber:innen erhalten ihre Umwandlung zur vorab festgelegten Bewertung von €5 Mio.
Bewertungs-Discount und Valuation Cap werden jedoch selten gemeinsam angewandt. Vorab legen die Parteien vertraglich fest, dass sich die Wandeldarlehensgeber:innen bei der Umwandlung für eines der beiden Instrumente entscheiden müssen.
Beispielrechnung eines Wandeldarlehens mit Bewertungs-Discount
Ausgangslage: Eine Startup-Gründerin hält alle 100.000 Unternehmensanteile.
Ein Investor steigt mit einem Wandeldarlehen ein
- Der Investor bietet eine Finanzierung mittels Wandeldarlehen in Höhe von €100.000.
- Das Darlehen enthält 8% Zinsen mit einer Laufzeit von einem Jahr.
- Tilgung und Zinsen sind am Ende der Laufzeit fällig.
- Unabhängig von der Laufzeit wird das Wandeldarlehen zur nächsten Finanzierungsrunde umgewandelt.
- Es gibt keinen Valuation Cap.
Neue Finanzierungsrunde mit einem VC
- Ein Jahr später steigt ein VC-Fonds mit 500.000 Euro ein.
- Die Unternehmensbewertung liegt bei €5 Mio.
- €5 Mio. / 100.000 Unternehmensanteile = €50 pro Anteil
- €500.000 / €50 pro Anteil = Der VC erhält 10.000 Anteile
Gleichzeitig tritt das Wandeldarlehen in Kraft
- €100.000 Tilgung + €8.000 Zinsen = €108.000 Fremdkapital
- €50 pro Anteil – 20% Bewertungs-Discount = €40 pro Anteil für den Wandeldarlehensgeber
- €40 pro Anteil – €1 Nennwert pro Anteil im Zuge der Kapitalerhöhung = €39 pro Anteil als Wandlungspreis
- €108.000 / €39 pro Anteil = 2.769 Anteile für den Wandeldarlehensgeber
Beispielrechnung eines Wandeldarlehens mit Valuation Cap
Ausgangslage: Eine Startup-Gründerin hält alle 100.000 Unternehmensanteile.
Ein Investor steigt mit einem Wandeldarlehen ein
- Der Investor bietet eine Finanzierung mittels Wandeldarlehen in Höhe von €100.000.
- Das Darlehen enthält 8% Zinsen mit einer Laufzeit von einem Jahr.
- Tilgung und Zinsen sind am Ende der Laufzeit fällig.
- Es gibt einen Valuation Cap, der bei €3 Mio. liegt.
- Es gibt keinen Rabatt auf die Bewertung.
Neue Finanzierungsrunde mit einem VC
- Ein Jahr später steigt ein VC mit €500.000.
- Die Unternehmensbewertung liegt bei €5 Mio.
- €5 Mio. / 100.000 Unternehmensanteile = €50 pro Anteil
- €500.000 / €50 pro Anteil = Der VC erhält 10.000 Anteile
Gleichzeitig tritt das Wandeldarlehen in Kraft
- €100.000 Tilgung + €8.000 Zinsen = €108.000 Fremdkapital
- €3 Mio. Valuation Cap / €5 Mio. Unternehmensbewertung = 0,6 Valuation Cap
- €50 pro Anteil * 0,6 Valuation Cap = €30 pro Anteil für den Wandeldarlehensgeber
- €30 pro Anteil – €1 Nennwert pro Anteil im Zuge der Kapitalerhöhung = €29 pro Anteil
- €108.000 / €29 pro Anteil = 3.724 Anteile für den Wandeldarlehensgeber
Hier kann der Valuation Cap als Anreiz für Investor:innen fungieren, um sich möglichst früh an einem Startup zu beteiligen und das zusätzliche Risiko einzugehen.